Ein Einblick in die Fähigkeit, Herausforderungen zu meistern

Der Apfelbaum und Resilienz

Diesen Apfelbaum entdeckte ich auf einem Spaziergang auf dem Feld. Wie du auf dem Foto sehen kannst, ist der Stamm völlig ausgehöhlt und es scheint, als wäre er abgestorben, denn die Rinde ist vollständig unterbrochen. 

Und doch überraschte mich dieser Apfelbaum, denn er trägt tatsächlich noch Früchte - ein Wunder der Natur und ein wundervolles Sinnbild für Resilienz.

In vielerlei Hinsicht sind wir alle wie dieser Baum. Das Leben kann uns aushöhlen, sei es durch beruflichen Stress, persönliche Herausforderungen oder unerwartete Wendungen. Manchmal fühlen wir uns innerlich leer und ausgebrannt. Doch genau wie der Apfelbaum haben auch wir die Fähigkeit, trotz aller Widrigkeiten weiterzufruchten.

Stell dir vor, du bist eine erfolgreiche Führungskraft, die täglich zahlreiche Herausforderungen meistert. Von der Leitung wichtiger Projekte bis hin zur Lösung unerwarteter Probleme, die an deine Tür klopfen – dein Alltag ist geprägt von ständiger Aktivität und hohen Erwartungen, die an dich herangetragen werden. Doch trotz deiner beeindruckenden Leistung und äußerlichem Erfolg fühlst du dich oft gestresst, überfordert und emotional erschöpft. Die innere Balance scheint schwer erreichbar zu sein, und du fragst dich, woher das kommt und wie du diese ständige Anspannung überwinden kannst.

Hier kommt Resilienz ins Spiel. In der heutigen schnelllebigen und oft stressigen Welt ist Resilienz zu einer der wichtigsten Fähigkeiten geworden, die wir entwickeln können, denn sie ist kein angeborenes Talent. Doch was genau bedeutet Resilienz?

Resilienz wird oft beschrieben als die Fähigkeit, sich von Rückschlägen zu erholen und Herausforderungen zu meistern. Resilienz ist in aller Munde, ist jedoch mehr als nur ein modisches Schlagwort. Es ist eine essenzielle Lebenskompetenz, die es dir ermöglicht, trotz widriger Umstände stark und positiv zu bleiben. 

Die Forschung zur Resilienz

Der Begriff Resilienz leitet sich vom lateinischen Wort "resilire" ab, was so viel wie "zurückspringen" oder "abprallen" bedeutet. 

In der Psychologie beschreibt Resilienz die Fähigkeit, sich von schwierigen Lebenssituationen, Stress und Rückschlägen zu erholen. Das bedeutet nicht, dass du niemals Schwierigkeiten erlebst, sondern dass du in der Lage bist, effektiv damit umzugehen und dich schnell zu erholen. Die Resilienzforschung hat gezeigt, dass diese Fähigkeit durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird, darunter z.B. deine Denkweise, deine sozialen Verbindungen und deine Fähigkeit zur Selbstfürsorge.

Erste Ideen zur Resilienz tauchten in der Psychologie in den 1970er Jahren auf, insbesondere durch die Arbeiten von Emmy Werner, die die Langzeitstudie "Kauai Longitudinal Study" durchführten. Diese Studie untersuchte Kinder auf Hawaii, die unter schwierigen Bedingungen aufwuchsen, und identifizierte Faktoren, die ihnen halfen, trotz widriger Umstände erfolgreich zu sein (Werner, 1982).

Ein weiterer wichtiger Forscher in diesem Bereich war Norman Garmezy, der die Rolle von adaptiven Bewältigungsstrategien und schützenden Umweltfaktoren in der Entwicklung von Resilienz hervorhob (Garmezy, 1991).

Michael Rutter erweiterte das Konzept der Resilienz, indem er betonte, dass Resilienz kein statisches Merkmal ist, sondern durch Wechselwirkungen zwischen Individuen und ihrer Umwelt entsteht (Rutter, 1985).

Seit den 1990er Jahren hat die Forschung zur Resilienz stark zugenommen. Wissenschaftler untersuchen Resilienz auf verschiedenen Ebenen, von individuellen Merkmalen bis hin zu systemischen Faktoren in Gemeinschaften und Organisationen. Studien zeigen, dass Resilienz trainiert und gestärkt werden kann, z.B. durch Achtsamkeitstraining, soziale Unterstützung und gezielte Interventionsprogramme (Masten, 2001).

In der neueren Forschung wird Resilienz oft im Zusammenhang mit Stressbewältigung und psychischer Gesundheit untersucht. Es gibt Hinweise darauf, dass resiliente Menschen eine bessere emotionale Regulierung und eine höhere kognitive Flexibilität aufweisen, was ihnen hilft, Herausforderungen effektiver zu meistern (Bonanno, 2004). 

Zahlreiche Studien haben somit gezeigt, dass Resilienztrainings positive Effekte auf die mentale Gesundheit und die Stressbewältigung haben. Forscher betonen die Bedeutung von Resilienz im beruflichen und privaten Kontext. Eine Studie der University of Pennsylvania zeigt, dass Resilienztrainings die Stressbewältigungsfähigkeiten verbessern und die emotionale Erschöpfung reduzieren können (Reivich, Seligman & McBride, 2011). 

Insbesondere seit der Corona-Krise ist Resilienz noch weiter in der Fokus der Forschung gerückt. Eine Studie unter Physiotherapeuten und Ergotherapeuten zeigt z.B., dass hohe Resilienz mit geringeren Burnout-Raten verbunden ist. Faktoren wie positive Wahrnehmung der Unterstützung durch das Gesundheitssystem und Verfügbarkeit von Bildungsressourcen trugen zur Resilienz bei. Therapeuten mit geringer Resilienz berichteten über höhere Depressions-, Angst- und Stresslevel (Preston, 2023). 

Das Konzept der 7 Säulen der Resilienz


Eines der bekannteren Konzepte zur Resilienz ist das Modell, welches Ursula Nuber, eine renommierte deutsche Psychologin und Psychotherapeutin, entwickelt hat. Es basiert auf umfassenden Forschungen und praktischen Erfahrungen im Bereich der psychologischen Resilienz. Das Modell wurde geschaffen, um Menschen eine strukturierte Herangehensweise zu bieten, die ihnen hilft, ihre Widerstandskraft zu stärken und mit den Herausforderungen des Lebens besser umzugehen.

Resilienz wird dabei als eine trainierbare Fähigkeit definiert, die Menschen befähigt, in Krisenzeiten und unter Stress stabil zu bleiben. Ursula Nuber analysierte zahlreiche Studien und identifizierte dabei Schlüsselfaktoren, die maßgeblich zur psychischen Widerstandsfähigkeit beitragen. Wie oben bereits beschrieben, ist Resilienz erlernbar und wird durch verschiedene innere und äußere Faktoren beeinflusst, darunter Persönlichkeit, soziale Unterstützung und individuelle Bewältigungsstrategien (Masten, 2001; Werner, 1995). 

Die 7 Säulen der Resilienz bieten eine umfassende und zugleich flexible Grundlage, um die persönliche Widerstandskraft zu stärken:

  1. Säule: Akzeptanz
    Akzeptiere, dass Veränderungen unvermeidlicher Bestandteil des Lebens sind. Sie können Chancen für eine Weiterentwicklung bieten, auch wenn sie zunächst als belastend erscheinen. Forschungsergebnisse zeigen, dass Akzeptanz negative emotionale Reaktionen mindern und den Weg zu neuen Lösungsansätzen ebnen kann (Hayes et al., 2006).
  2. Säule: Optimismus
    Eine positive und optimistische Einstellung hilft, auch in schwierigen Zeiten das Gute zu sehen und hoffnungsvoll zu bleiben. Bemühe dich darum, das Licht im Dunkel zu sehen und das Glas halbvoll statt halbleer zu betrachten. Studien belegen, dass optimistische Menschen besser mit Stress umgehen und eine höhere Lebenszufriedenheit haben (Seligman, 1998). Du kannst das Glas übrigens auch als komplett voll betrachten: Zur Hälfte mit Wasser gefüllt und zur Hälfte mit Luft.
  3. Säule: Selbstwirksamkeit
    Glaube an deine Fähigkeiten, Herausforderungen zu meistern und Ziele zu erreichen. Bandura (1997) hat gezeigt, dass eine hohe Selbstwirksamkeit das Verhalten positiv beeinflusst und die Wahrscheinlichkeit erhöht, Ziele zu erreichen.
  4. Säule: Eigenverantwortung
    Übernimm aktiv Verantwortung für dein Handeln und deine Entscheidungen. Dies stärkt das Gefühl der Kontrolle und fördert die Unabhängigkeit (Deci & Ryan, 1985).
  5. Säule: Zielorientierung
    Setze dir realistische Ziele und verfolge diese konsequent. Eine Studie des Journal of Personality and Social Psychology zeigt, dass Menschen, die klare Ziele setzen und verfolgen, resilienter gegenüber Stress und Rückschlägen sind (Locke & Latham, 2002).
  6. Säule: Soziale Unterstützung
    Pflege soziale Beziehungen, die dir emotionalen Rückhalt und praktische Hilfe bieten. Ein Netzwerk aus guten Beziehungen in Familie und Freundeskreis unterstützt dich in belastenden Situationen. Soziale Unterstützung ist ein wichtiger Schutzfaktor für die psychische Gesundheit (Cohen & Wills, 1985) und Menschen mit starken sozialen Verbindungen leben länger und sind weniger anfällig für Stress (Uchino, 2006).
  7. Säule: Zukunftsplanung
    Schau nach vorne, entwickle Pläne für die Zukunft und sei bereit, diese bei Bedarf anzupassen. Dies hilft dir, einen klaren Fokus zu behalten und dich auf positive Aspekte der Zukunft zu konzentrieren, statt in der Vergangenheit zu weilen (Masten, 2001).

Diese Säulen sind nicht als starre Regeln zu verstehen, sondern als flexible Ansätze, die du individuell an deine Lebenssituation anpassen und weiterentwickeln kannst. Sie bieten eine ganzheitliche Grundlage, um auch in schwierigen Zeiten stabil und widerstandsfähig zu bleiben.

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen deutlich, dass Resilienz wichtig für unsere, Gesundheit, unser Wohlbefinden und den erfolgreichen Umgang mit den Herausforderungen des Lebens ist. Deine Resilienz ist nicht zu jeder Zeit und nicht in jeder Lebenssituation gleich ausgeprägt. Es gibt Phasen im Leben, in denen du eine höhere Widerstandskraft gegenüber Krisen besitzt als zu anderen Zeiten. Es ist zudem möglich, dass du mit Krisen im z.B. privaten Bereich leichter umgehen kannst als mit beruflichen Krisen - oder umgekehrt. 

Der Aufbau deiner Resilienz ist daher ein lebenslanger fortlaufender Lernprozess, die Engagement und Selbstreflexion erfordert. Resilienz kann erlernt, aber auch verlernt und wieder neu gelernt werden. Die Belohnung für diesen Prozess ist ein erfüllteres, gesünderes und glücklicheres Leben.

Kurz zusammengefasst:

  • Das Leben ist unvorhersehbar. Beruflicher Stress, persönliche Herausforderungen oder unerwartete Wendungen können dazu führen, dass wir uns gestresst, überfordert und emotional erschöpft fühlen. 
  • Resilienz beschreibt die Fähigkeit, sich von schwierigen Lebenssituationen, Stress und Rückschlägen zu erholen und ist eine erlernbare Fähigkeit, kein angeborenes Talent.
  • Die Forschung zur Resilienz begann in den 1970er Jahren und fand zuletzt in der Corona-Pandemie einen Höhepunkt.
  • Die 7 Säulen der Resilienz sind: Akzeptanz, Optimismus, Selbstwirksamkeit, Eigenverantwortung, Zielorientierung, Soziale Unterstützung, Zukunftsplanung.
  • Resilienz bedeutet fortlaufendes Lernen und individuelles Anwenden der erlernten Fähigkeiten.

Quellen:

  • Bandura, A. (1997). Self-efficacy: The exercise of control. New York: Freeman.a, A. (1997).
  • Bonanno, G. A. (2004). Loss, trauma, and human resilience: Have we underestimated the human capacity to thrive after extremely aversive events? *American Psychologist*, 59(1), 20-2
  • Cohen, S., & Wills, T. A. (1985). Stress, social support, and the buffering hypothesis. Psychological Bulletin, 98(2), 310-357
  • Deci, E. L., & Ryan, R. M. (1985). Intrinsic Motivation and Self-Determination in Human Behavior. Springer US.
  • Garmezy, N. (1991). Resiliency and vulnerability to adverse developmental outcomes associated with poverty. *American Behavioral Scientist*, 34(4), 416-430. 
  • Hayes, S. C., Strosahl, K. D., & Wilson, K. G. (2006). Acceptance and Commitment Therapy: An Experiential Approach to Behavior Change. Guilford Press.
  • Locke, E. A., & Latham, G. P. (2002). Building a practically useful theory of goal setting and task motivation: A 35-year odyssey. American Psychologist, 57(9), 705-717.
  • Masten, A. S. (2001). Ordinary magic: Resilience processes in development. *American Psychologist*, 56(3), 227.
  • Preston E Roundy, PT, DPT et al. (2023) Relationships Between Burnout and Resilience: Experiences of Physical Therapists and Occupational Therapists During the COVID-19 Pandemic. Physical Therapy, Volume 103, Issue 5, May 2023, pzad022, https://doi.org/10.1093/ptj/pzad022
  • Reivich, K., Seligman, M. E., & McBride, S. (2011). Master resilience training in the US Army. American Psychologist, 66(1), 25. 
  • Rutter, M. (1985). Resilience in the face of adversity: Protective factors and resistance to psychiatric disorder. *British Journal of Psychiatry*, 147, 598-611.
  • Seligman, M. E. P. (1998). Learned Optimism: How to Change Your Mind and Your Life. Pocket Books.
  • Uchino, B. N. (2006). Social support and health: A review of physiological processes potentially underlying links to disease outcomes. Journal of Behavioral Medicine, 29(4), 377-387. 
  • Werner, E. E., & Smith, R. S. (1982). *Vulnerable but Invincible: A Longitudinal Study of Resilient Children and Youth*. New York: McGraw-Hill.
  • Werner, E. E. (1995). Resilience in development. *Current Directions in Psychological Science*, 4(3), 81-85.

Mehr zu mir und meiner Arbeit

Bereits als Kind hat mich fasziniert, wie Menschen „funktionieren“. Warum reagieren sie so, wie sie reagieren? Was beeinflusst ihr Denken und Fühlen, und wie treffen sie Entscheidungen? Diese Fragen haben mich mein Leben lang begleitet – und sie waren der Grund, warum ich Medizin studiert habe. Ich wollte verstehen, was die Welt und den Menschen "im Innersten zusammenhält" – auf körperlicher, geistiger und seelischer Ebene.

Im Laufe meiner beruflichen und persönlichen Entwicklung habe ich erkannt, dass Heilung weit über medizinisches Wissen hinausgeht. Sie beginnt dort, wo wir die energetische Schwingungsfrequenz unseres Körpers, Geistes und unserer Seele harmonisieren. Diese Erkenntnis hat meinen Weg geprägt und mich dazu inspiriert, tief in ganzheitliche und energetische Methoden einzutauchen.

Ich habe mich in Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) ausbilden lassen, wurde Yoga- und Qigong-Lehrerin und tauchte in die Welt des Schamanismus ein. Diese Ansätze kombiniere ich heute mit modernen, wissenschaftlichen Coaching-Methoden und Körperarbeit zu meinem Mind-Body-Caoching.